Deutschlands Städte und Gemeinden wachsen
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Bei den Veränderungen der Flächennutzungen in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland ist vor allem folgender Trend zu beobachten: Die Siedlungs- und Verkehrsflächen (SuV-Fläche) nahmen stetig zu, während gleichzeitig der Anteil an landwirtschaftlich genutztem Gebiet abnahm. In den zurückliegenden Jahren hat sich die Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche jedoch verlangsamt. Zusammengefasst wird diese Entwicklung unter dem Stichwort Flächenverbrauch. Im Jahr 2014 wurden täglich etwa 71 Hektar als SuV-Fläche neu in Anspruch genommen – umgerechnet etwa 100 Fußballfelder (Quelle: Statistisches Bundesamt 2014). Dabei handelt es sich nicht grundsätzlich um versiegelte Flächen, sondern auch um Parks oder Gartenanlagen. Der Anteil versiegelter Areale an den SuV-Flächen beträgt rund 50%.
Von den 357.341 km² Gesamtfläche der Bundesrepublik Deutschland waren im Jahr 2013 52,1% Landwirtschaftsfläche, 30,3% Waldfläche, 13,6% Siedlungs- und Verkehrsfläche und ca. 4,1% Wasser- und sonstige Flächen (Stand 31.12.2013, Quelle: Statistisches Bundesamt).
Inwiefern kann man also von einem Verbrauch von Flächen sprechen? Boden ist eine endliche Ressource, die in vielerlei Hinsicht eine existentielle Bedeutung für den Menschen hat. Auch unversiegelte SuV-Flächen (z.B. Parks, Gartenanlagen) stehen nicht mehr für die landwirtschaftliche Produktion und nur begrenzt für ökologische Funktionen zur Verfügung. Eine Renaturierung und damit eine Rückumwandlung von SuV-Flächen ist nur bedingt möglich, da ursprüngliche Funktionen des Bodens, vor allem in ökologischer Hinsicht, meist unwiderruflich verloren oder nur langfristig wieder herzustellen sind.
Entwicklung des Flächenverbrauchs
In den letzten Jahrzehnten war ein konstantes Wachstum von SuV-Flächen zu verzeichnen. So ist der Anteil der SuV-Fläche im Vergleich zu 1960 um 140% gestiegen (BBSR 2011: 3). Gleichzeitig ist diese Entwicklung seit langem ein Thema in der Regionalentwicklungsdebatte, ohne dass diesem Prozess aktiv entgegengesteuert werden konnte. Erst im Jahr 2002 wurde das 30-ha-Ziel beschlossen, das für das Jahr 2020 nur noch einen täglichen Flächenverbrauch von maximal 30 ha bundesweit vorsieht.
Während der Flächenverbrauch bis zur Jahrtausendwende auf 131 ha pro Tag angestiegen war, nimmt die Zuwachsrate seitdem stetig ab. (Ein weiterer Spitzenwert in der Statistik im Jahr 2004 entstand durch Umschlüsselungen der Nutzungsarten.) Diese Rückgänge der Flächenwachstumsrate sind allerdings überwiegend konjunkturell bedingt und weniger auf ein Umdenken zurück zu führen. Seit dem Jahr 2013 hat sich die Baukonjunktur wieder etwas belebt. Gründe hierfür sind neben den finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen (niedrige Bauzinsen) auch die Binnenwanderung aus ländlichen Regionen in wachstumsstarke Zentren und Hochschulstädte. Hinzu kommt verstärkte Zuwanderung aus dem Ausland. Der Anteil der SuV-Flächen an der Gesamtfläche nahm zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2013 von 12,3% auf 13,6% zu. Um durchschnittlich 69 Hektar pro Tag hat die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland in den Jahren 2011 bis 2014 zugenommen (vgl. Statistisches Bundesamt). Diese Entwicklung geht hauptsächlich zu Lasten der Landwirtschaftsfläche (Quelle: Umweltbundesamt).
Räumliche Differenzierung der Neuflächeninanspruchnahme
Bundesweit betrachtet gibt es räumliche Unterschiede in der Flächeninanspruchnahme. Während in Westdeutschland Ende der 2000er Jahre die niedrigsten Zuwachsraten seit den 1960er Jahren vorlagen, kam es im Osten Deutschlands erst nach der Wende zum größten Wachstum. Darüber hinaus ist zu beobachten, dass die Neuinanspruchnahme überwiegend losgelöst von der jeweiligen Bevölkerungsentwicklung voranschreitet. Jedoch ist im westlichen Teil Deutschlands zu erkennen, dass der Anstieg der SuV-Fläche mit abnehmender Bevölkerungsdichte bzw. Verstädterungsgrad zunimmt. Im Osten Deutschlands hingegen verläuft die prozentuale Zunahme umgekehrt – je größer die Bevölkerungsdichte, desto höher der prozentuale Zuwachs der SuV-Fläche. Gleichwohl gilt auch für Regionen mit einer stark schrumpfenden Bevölkerung, dass der Flächenverbrauch weiter steigt.
Den Flächenverbrauch stoppen
Für die andauernde Neuflächeninanspruchnahme gibt es verschiedene Argumentationsmuster. Einerseits wird der zunehmende Flächenbedarf von Privathaushalten und Unternehmen genannt. Demgegenüber steht die Begründung, dass interkommunale Konkurrenz und staatliche Subventionen strukturschwächerer Regionen dazu führen, dass verschwenderisch mit der Fläche umgegangen wird. So versuchen häufig auch Kommunen ohne demographischen und ökonomischen Nachfragedruck durch Flächenneuausweisungen, Einwohner und Betriebe in die Region zu locken – ein Vorgehen, das angesichts stagnierender Bevölkerungszahlen zu einem ruinösen Wettbewerb führen kann.
Weitere Informationen
- Flächenverbrauch, Flächenpotenziale und Trends 2030: beim Bundesamt für Bau-, Stadt- und Raumforschung in den BBSR-Analysen KOMPAKT 07/2014.